Von den Anfängen unserer Gemeinde
Auf die Frage: „Ob er denn nicht regelmäßig Gottesdienst in Güstrow halten könne?“, soll der damalige Rostocker Pfarrer Ludwig Brinkwirth (*1850 – † 1901) geantwortet haben, “ wenn sie zwölf Katholiken zusammenbrächten, so wolle er einen Gottesdienst in Güstrow halten „.
Ab dem 09. August 1885 wurde dann wieder erstmals in der Stadt katholischer Gottesdienst regelmäßig gefeiert. 1891 bat Pfarrer Brinkwirth den Rat der Stadt um die Überlassung eines größeren Raumes, was ihm auch gestattet wurde. So fanden die Gottesdienste fortan in einem der größeren Klassenzimmer der Schule am Heilig-Geisthof statt. Der Altar blieb dort ständig stehen, er wurde nur mit einem Tuch verhängt, und im Treppenaufgang stand ein Schrank (er wird heute noch als Devotionalien-Schrank benutzt), in welchem die für den Gottesdienst notwendigen Gegenstände aufbewahrt wurden, so dass nur Kelch, Hostien und Wein mitgebracht werden mußte.
Die den Gottesdienst zelebrierenden Geistlichen (Meyer, Strassberger und Hemesaat) gaben auch den Kindern eine Religionsstunde wöchentlich.
Aber erst im Jahre 1903 war den Katholiken dann endlich die öffentliche Religionsausübung zugestanden worden, womit auch die Befugnis verbunden war, „Kirchen mit Turm und Glocken“ zu errichten.
Die Weichen für unsere neue Gemeinde wurden aber bereits am 11.September 1911 gestellt, als der Osnabrücker Bischof Dr. Hubert Voß einen eigenen Kirchenvorstand für Güstrow eingesetzt hatte. Es waren der Kaufmann Nikolaus Liepeit aus Güstrow und der Vorschnitter Felix Zielke aus Lüssow.
Auf Veranlassung von Pastor Leffers wurde 1912 auch der katholische Männerverein gegründet, der anfangs aus nur 8 Männern bestand. Die Planungen für einen Kirchenneubau liefen nun ebenfalls, als 1914 der Ausbruch des 1. Weltkrieges alle Hoffnungen wieder zerstörte.
In den ersten Wochen des Krieges (noch 1914) wurde auf der Bockhorst ein großes Kriegsgefangenenlager angelegt (IX.-AK.), das ca. 10.000 Gefangene aus Frankreich, Belgien, Russland und England beherbergte. Das Lager wurde von einem Landsturm-Btl. aus Seligenstadt in Hessen bewacht, und von dem Lagerverwalter Herrn Siefken geleitet. Dieser verwaltete bis zu seiner Pensionierung 1921 auch das danach (ab 1919) hier existierende Heimkehrerlager, das vor allem für die Flüchtlinge aus Posen / Westpreußen, aber auch aus dem Baltikum bestand.
Die Seelsorge der hier inhaftierten Kriegsgefangenen oblag in den ersten Monaten dem im Nebenamt die Militärseelsorge ausübenden Pastor Wilhelm Leffers aus Rostock. Sie war aber durch die große Entfernung sehr erschwert.
Die Gefangenen waren anfangs in großen Zelten untergebracht, in denen auch einmal Gottesdienst mit Gelegenheit zum Sakramentenempfang abgehalten wurde.
In der Folgezeit besuchte der Rostocker Vikar Heinrich Hemesaat jede Woche am Donnerstag die Lazarette des Lagers und hielt dann nachmittags in Güstrow den Religionsunterricht für die Kinder. Da die Zahl der Gefangenen immer mehr wuchs, beantragte Pastor Leffers beim damaligen Militär-Oberpfarrer Pawlicke in Hannover die Anstellung eines Militärpfarrers im Lager, was auch bewilligt wurde.
Der erste Militär-Pfarrer H. Bayer wurde nach einigen Monaten wieder versetzt und durch Pater Johannes Fischer abgelöst.
Pater Johannes Fischer war ein Herz-Jesu-Priester, stammte aus Sittard und arbeitete als Missionspfarrer in Südamerika. Während seines Urlaubes in Deutschland wurde er durch den Kriegsausbruch an der Heimreise nach Brasilien gehindert und arbeitete dann als Militär-Pfarrer bis zum Kriegsende im Lager Bockhorst.
Außer seinem Dienst half er auch in der Zivil-Seelsorge, oder wenn Kranke zu versehen waren. Nach dem Kriegsende ist er dann in das Missionsgebiet seines Ordens nach Brasilien zurückgekehrt.
Im Gefangenenlager diente ihnen eine 20 x 10 m große Baracke als Kirche. Die Gefangenen bauten dann auf eigene Kosten auf der Baracke ein Türmchen, für das der Bonifatius-Verein eine Glocke leihweise zur Verfügung stellte (sie läutet noch heute bei uns zum Gottesdienst).
Am 8. April 1919 teilte der Magistrat der Stadt Güstrow dem Kirchenvorstand mit, dass er “ einem dringenden Wunsch des Bürgerausschusses folgend, sowie unter Anerkennung der in dem Gutachten hervorgehobenen Bedenken “ sich außerstande sähe, den Schulraum in der Mädchenfreischule weiter zur Abhaltung des Gottesdienstes überlassen zu können. In dieser Lage stellte uns Pastor Barth von der evangelischen Domgemeinde den Saal ihres Gemeindehauses an der damaligen Plauer Straße zur Verfügung.
Dies war aber durchaus keine Dauerlösung, und so wurde der Neubau einer Kirche wieder besonders aktuell. Durch die dann aber einsetzende Inflation, zögernde Kauf- und Genehmigungsverhandlungen behindert, beschloss man erst einmal eine der alten Militärbaracken des aufgelösten Gefangenlagers zu kaufen (nicht die ursprüngliche Kirchenbaracke) und sie in der Grünen Straße aufstellen zu lassen.
Diese Baracke wurde dann am 11. September 1919 für 2250 Mark von der Militärverwaltung gekauft, aber durch Verzögerungen beim Abbruch – einen Bauarbeiterstreik – Transport und Wiederaufbau verteuerte sich das Ganze auf 17451,83 Mark.
Am 22. Dezember 1919 stand sie dann aber endlich in der Grünen Strasse.
Für die Ausstattung spendete die Mutterpfarrei Rostock den früher in der „Alten Flora“ benutzten Altar, 6 Kirchenbänke, 2 lebensgroße holzgeschnitzte Figuren – Maria und Josef mit Sockel (noch heute bei uns in der Kirche zu sehen) – sowie die bis zum Kirchbau in Rostock benutzte Kommunionbank. Als Seitenaltar wurde der in der Kirche des Gefangenenlagers benutzte Altar mit dem nun bei uns in der Kirche befindlichem Bild der „Immerwährenden Hilfe“ aufgestellt (ihn hatte der erste Militärpfarrer des Gefangenenlagers Bayer aus Aachen geschenkt bekommen). Auf der anderen Seite wurde ein Herz-Jesu-Altar errichtet.
Unbeschreiblich groß war daher dann die Freude der Güstrower Gemeinde, als am 1. Weihnachtstag 1919 der Weihnachtsgottesdienst in dieser ersten eigenen Kirche nach der Reformation stattfand. Viele Gläubige eilten mit Laternen und Kerzen herbei, um bei der Dunkelheit doch noch dem Gottesdienst beiwohnen zu können. In einem freudigen Te Deum dankte die Gemeinde Gott dafür, dass nun der Gottesdienst in einem eigenen Kirchlein abgehalten werden konnte.
Angesichts der Einfachheit ihrer neuen Kirche mögen sich vielleicht einige an die Worte von Otto Rietmüller erinnert haben. „Irdische Tempel braucht Gott nicht, Dome, die Meister erbauen. Schatten sind sie von seinem Licht, welches kein Auge kann schauen …“
Zum 1. April 1920 erhielt Güstrow dann auch endlich einen eigenen Geistlichen, jemanden den sie schon kannten. Es war der Vikar aus der Rostocker Christus-Gemeinde Heinrich Hemesaat, der nun Pastor in Güstrow wurde.
Am 17. April 1920 fuhr Pastor Heinrich Hemesaat in Begleitung von Pastor Leffers und dem Kirchenvorstandsmitglied von Rostock, Paul Degenhardt, nach Güstrow. Schon am Bahnhof erklang dem neuen Pastor das Läuten des Glöckleins der Notkirche als Willkommensgruß entgegen.
Was sich am Werktag-Morgen frei machen konnte, war zur Kirche gekommen um ihn zu begrüßen.
Unter der Leitung von Herrn Flügel und seiner Frau hatte die Gemeinde das Gotteshaus mit Lorbeerbäumen und Blumen geschmückt und der neue Pastor hielt dann sein erstes Hochamt bei uns.
Aus den drei Städten Güstrow, Bützow und Krakow, sowie 168 Ortschaften, die von der Pfarrei Rostock abgetrennt wurden, bestand nun die neue Pfarrei Güstrow.
Die nächste Sorge des Geistlichen war nun, eine Pfarrwohnung zu bekommen. Aber bei der damals bestehenden Wohnungsnot und den Wohnungsgesetzen wurde die Erlaubnis zur Beziehung einer Wohnung nur den in Güstrow Wohnungssuchenden gegeben. Für den Anfang tat es eine möblierte Wohnung, die er bei der Witwe des verstorbenen Kreisphysikus Dr. Habermann fand. Anfang 1921 ergab sich dann die Gelegenheit, das Haus Besserstraße Nr. 1 für 80.000 Mark zu kaufen.
Die Arbeit in der Gemeinde war durch den Zuzug von Gläubigen aus den Abstimmungsgebieten des 1. Weltkrieges so umfangreich geworden, dass ab 1924 ständig ein Hilfsgeistlicher (Kaplan oder Vikar = 2. Kaplan) eingesetzt werden musste.
Bereits seit 1914 geplant, begann der Bau der heutigen Kirche jedoch erst im Dezember 1928. Die Kirchweihe fand dann am 25. August 1929 statt.